Oben. Endlich oben! Oben fliegt es sich einfach leichter ... Es hat mich viel Mühe gekostet. Es mussten wieder einige Belege gefälscht werden und die Eignungstests "bestanden" werden. Da es auch hier alles online funktioniert, musste ich die besten Hacker ausfindig machen und korrumpieren. Das hört scheinbar nie auf. Umso enttäuschter bin ich ... Das gleiche verlogene Pack wie überall. Sie sind ja auch schon wieder hier! Sie sehen übrigens echt furchtbar aus. Sie haben sogar noch eine Fahne! Ist das hier ein Zirkus? Schon wieder weiße Kittel? Wieso habe ich immer noch spröde Hausfrauenhände, Rettungsring, Besenreiser und Alterswarzen? Das ist doch Mist!!! Wie geht es denn hier weiter? Bitte keine Reinkarnation! Herr Kollege, Sie haben doch immer die seltsamsten Bekannten ... haben Sie hier schon einen ausgemacht, der uns mal so grob den Ablauf hier erklären kann? Bitte sagen Sie ja! Wer ist denn hier überhaupt der Betreiber und wie nennt sich diese Location hier? Gibt es bald eine Einführungsveranstaltung? Muss man sich gar einschreiben? Laufen irgendwelche Fristen ab? Gibt es Lunch-Pakete? Einen Wasserspender? Ich fühle mich überhaupt nicht gut! Gibt es hier ein WC? Unisex würde mir reichen! Schnell! Mir ist echt übel!

Ich bin sprachlos, Frau Kollegin. Und freue mich gleichzeitig!
Sie also auch. Hier!, im Zwischenreich. Und ich sehe Sie noch lächelnd ins Taxi einsteigen...ein Verkehrsunfall oder Flugzeugabsturz? Sind das Bisswunden in Ihrem Gesicht und am Hals? Ihnen fehlt ein Teil des Rumpfes und ein Bein. - Schaut jedenfalls gruselig aus. Und betrachten Sie mich bitte nicht so genau, mir fehlt die halbe Schädeldecke. Dabei fing alles hoffnungsfroh und reibungslos an. Zuerst mit spektakulären Auftritten in Belgien. Ich konnte mich in die Materie einschießen und hatte einen Heidenspaß. Ende Juli startete dann endlich die geplante Tournee durch Russland. Stellen Sie sich vor, Sonja, das ganze Equipment und Material, die Zelte, Sattelschlepper und Tiere, alles wurde mit Güterwaggons von Spielstätte zu Spielstätte transportiert. Gott, was wurden wir gastfreundlich empfangen, aufgenommen und gefeiert. Was traf ich für "verrückte" Menschen unterwegs. Zum Beispiel Paulo Coelho, der machte gerade wieder eine Recherche in der Transsib. Ich glaube, eine Fortsetzung seines Romans "Aleph". Pssst, ich verrate Ihnen ein Geheimnis, verglichen mit dem, sind unsere Ehemaligen völlig normal. Ist also alles eine Frage der Sichtweise? Schließlich ging es bis nach Sibirien. Da war es schon März, aber verglichen mit Zuhause, immer noch bitterkalt dort. Wir Artisten konnten auf eine technisch eingespielte Crew vertrauen, beileibe keine Dilettanten. Wir waren sogar Zirkus-gewerkschaftlich organisiert! Während einer Vorstellung in Jakutsk nahm mich dann mein Schicksal an die Hand. Am Abend zuvor gab es, dank eines von uns verbesserten Weltrekordes, eine geile Sause. Viel Krimsekt und Wodka. Mein Schädel brummt jetzt noch oder sind es Folgen des Aufpralls?...weiter in der Geschichte. Jedenfalls, der Tag nach dem rauschenden Fest, ich vergaß wohl, die Heizung für das Schokolade-Auffangbecken einzuschalten. Schiet, ich kann mich nicht mehr erinnern. Und so musste es kommen, dass mein Kopf auf der gefrorenen Schokolade zerschellte, zumal ich leichtsinnigerweise und gegen die Arbeitsbestimmungen der Berufsgenossenschaft, keinen Helm trug. Es herrschte großes Entsetzen im Publikum, darunter viele Kinder.

Richtig nett hier, Frau Reisinger. Wissen Sie, wo es mit Ihnen langgeht - abwärts oder ´nauf?

Der Taxifahrer hatte keine Lust meine fantastische Lebensgeschichte zu hören. Stattdessen ölte er mich mit Fußball und Europapolitik voll. "Der Kleine Mann wie du und ich wird darunter leiden!", brüllte er mich an. "Eigentlich bin ich kein kleiner Mann ...", dachte ich bei mir. Dann ging alles sehr schnell: Langstreckenflug mit Kopf- und Halsweh beendet.Vom Strand der Schönen und Reichen verjagt worden. Sonnenbrand mit Blasenwurf am ersten Tag. In einen Seeigel getreten am zweiten Tag. Feuerqualle am dritten ... Natürlich hatte ich keine Anstellung als Klinikleitung, aber Dr. Typhus hat es geglaubt. Es lebe der Zirkus! Was der wohl so treibt? Mittlerweile hatte ich nichts mehr zu essen. Die im Flugzeug gestohlenen Erdnüsschen waren aufgegessen. Am vierten Tag fand ich eine halbvolle Flasche Campari und wurde schließlich von einem Hai gefressen. Was lerne ich daraus? Keine Ahnung. Ich finde es natürlich besonders schade um mich. Hätte ich mal lieber Bratwürste in Thüringen gebraten? Mich mehr in der Schule angestrengt? Keine Ahnung. Hätte ich freundlicher zu meinen Mitmenschen sein sollen? Das kann es nicht bedeuten! Wahrscheinlich kommen viele einfach nur als Lebendfutter für andere auf die Welt. Das ist Bestimmung! Meine Bestimmung war es eben nicht, ein Vorbild zu sein, Meisterwerke zu schaffen oder die Wissenschaft weiter zu bringen. Nein, meine Bestimmung war es - mit gewachsten Beinen und zweisprachig - einen Hai für einige Tage zu sättigen. Das ist doch auch was! Wer hätte geglaubt, dass ich mich so erfolgreich für den Schutz bedrohter Tierarten einsetzen würde? Gerne hätte ich mir noch Dr. Typhus als lebende Kanonenkugel angesehen. Scheinbar kann man nicht alles haben. Wenigstens ist mir das Altenheim erspart geblieben. Nie mehr ein Bewerbung schreiben! Nie mehr eine Einkommensteuererklärung ausfüllen! In der Karibik den Löffel abgeben ... Cool! Macht sich super im Lebenslauf!

"EVIL!", ist das Stichwort, Frau Kollegin.
Sie trauen mir also keine Leichen im Keller oder dicke Furchen im Kerbholz zu und nennen mich einen Märtyrer?
Wahrscheinlich haben Sie mit Ihrem Bild sogar recht!
An mir gibt es wirklich nichts bedrohliches.
Nur viele Merkwürdigkeiten...
Onkel Otto pflegt noch heute, mir zu sagen: "Quäl dich, du Sau!".
Dies ging auch nicht spurlos an mir vorüber, all die Jahre...
Kaputt!

--Schnief, Rotz...--

Nein!, kein Selbstmitleid, aber ich werde Sie vermissen, Sonja.
St. Barth in der Karibik? - Ich gratuliere Ihnen aus tiefster Hochachtung!
WOW! Nicht zu fassen!
Ich glaube, mein Neid schleicht Ihnen noch lange hinterher...
Aber vergessen Sie bloß nicht, Ihre Klienten dort nicht zu maßregeln.
Bitte unter keinen Umständen!
Ich weiß, es ist anfangs ein komisches Gefühl, daran muss man sich erst gewöhnen.
Es ist keine Klinik/Anstalt in der niedersächsischen Provinz.
Ihre neue Aufgabe unterscheidet sich grundlegend.
Diese Leute suchen Sie vorrangig freiwillig auf und kommen mit ganz anderen Erwartungen und Ansprüchen im Handgepäck, in Ihr Wellness-Etablissement.
Wir müssen nur wollen!

Lassen Sie uns jetzt alle Neckischkeiten begraben.
Und als feindselig möchte ich nicht in Erinnerung bleiben.
Ihr Vorschlag klingt sehr verführerisch --ich erzähle meiner, leider bald ehemaligen, Kollegin jetzt besser nicht, dass ich eine sexuelle Präferenz für wohlgeformte, schöne Frauenbeine in Pumps pflege oder meiner atemberaubenden Vitrine Zuhause, mit sündhaft teuren Christian Louboutin Modellen-- kommt aber leider etwas zu spät.
Auch mein neuer Arbeitsvertrag wurde bereits von mir unterzeichnet.
Von nun an bin ich Artist!
Im Übrigen, bei meinem Glück hätte ich bestimmt nur ausgesprochene Bissgurken mit Venenleiden und Besenreiser zur Behandlung zugeschrieben bekommen.
Ich freue mich auf mein zukünftiges Künstlerdasein, Frau Reisinger!
VIVE LE CIRCUS!

Ich wollte zu gerne eine Nacht mit Ihnen erleben, Sonja.
Damit täten Sie einem alten, verwirrten Mann einen riesen Gefallen.
Und natürlich interessieren mich dann Ihre Frühstücksgewohnheiten, auch wenn ich sie nicht ohne jede Einschränkung teilen möchte.
Nun ist dafür keine Zeit mehr.

Haben Sie an alles gedacht? - Ihre Zeugnisse/Personalakte in meinem Spind...?
Darf ich Ihnen für unterwegs noch ´ne Stulle belegen?
Wir sollten unbedingt regelmäßig korrespondieren und uns austauschen!
Sind Sie dabei?
Ich habe mir jedenfalls schon einmal die internationale Telefonvorwahl für St. Barth besorgt.
Und ich gebe Ihnen für den Flug einen Stick mit, bespielt mit tollen Liedern von "Wir sind Helden".
Und auf mich, gebe ich Acht, versprochen!
Auf Wiedersehen, Sonja --die währenddessen in das bestellte Taxi steigt--!

Doktor Typhus!? Belgische Schokolade? Das klingt wunderbar! In Belgien ist die Cartoon-Szene auch kultiviert. Allerdings habe ich vor, noch heute Abend das Land zu verlassen. Ich habe mich erfolgreich um die Klinikleitung einer Wellness-Beauty-Oase auf St. Barth beworben. Spitzenverdienst - wenig Verantwortung - Luxusproblemchen ... Das Paradies! Ermittlungen sind mir dann egal. Eigentlich wollte ich Ihnen vorschlagen, mich zu begleiten. Ich könnte Sie mir im Bereich der Fußpflege durchaus vorstellen ..., allerdings erscheinen Sie mir gegenüber recht feindselig zu sein. Was interessiert Sie denn mein Privatleben? Oder gar meine Frühstücksgewohnheiten? Ich möchte nicht schon wieder den Bartholdy geben und explorieren, aber so wie Sie Ihren geschätzten Onkel Otto als einen Gesinnungs-Pathologen bezeichnen, fällt mir zu Ihnen der Begriff Hobby-Märtyrer ein. Sie scheinen mir sehr durcheinander. Ist ja auch verständlich. Hilft es Ihnen, wenn ich beteuere, dass ich nicht gegen Sie Aussagen werde. Ich wüsste gar nicht, was ... Sie spielen schlecht Golf. Nun,ja. Sie haben Patienten ab und an eine Pfandflasche gestohlen. Gesehen habe ich das ja nicht. Ich gehe mal von Geringwertigkeit aus. Selbst wenn nicht ... Sie sind ein sehr kranker Mann, Doktor Typhus! Sie haben große Probleme! Welcher Kollege könnte Ihnen denn mit gutem Gewissen Haftfähigkeit bescheinigen? Also, ich ja nicht! Sie halten sich tatsächlich für den Protagonisten eines Cartoons? Interessant. Wollen Sie sich das mit dem Zirkus nicht doch noch einmal überlegen? Bitte! Wer sich in Gefahr begibt, der kommt darin um! Ich muss mich jetzt verabschieden. Packen. Und einige Verabschiedungsfloskeln zu Papier bringen. Das gehört sich so.

Moment!
Sachte!, gu.....nee!...junge Frau...
Haben Sie schlecht geschlafen, bzw. gefrühstückt, Frau Kollegin, mich derart anzufahren?
Hat Ihr Haferschleim heute Morgen nur unbefriedigend abgeschleimt? - SETZEN SIE IHN DOCH EINMAL IN KALTER FLÜSSIGKEIT AN!!!
Was Sie als Mist titten...ooh..äh..titulieren, findet durchaus seine Berechtigung.
Genau wie der Knutschfleck an Ihrem Hals, Sonja.

----Kurzes gedankliches innehalten von Dr. Typhus:----

Ob Sie dieses komische Gefühl auch kennt?
Manchmal glaube ich, ich spinne und werde verrückt...
Als ob man, wie eine Marionette, an Strippen hängt.
Jemand hoch über einem, der zieht und macht...
Manipuliert.
Denkt sich eine dummdreiste Geschichte aus und
legt diese, seine Worte, dann in meinem Mund.
Und plötzlich bin ich Protagonist in einem Cartoon.
Ein merkwürdiges Gefühl...
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Entschuldigung, Frau Reisinger!
Jedenfalls...,
seit vergangenem Wochenende laufen Sie nur noch, absolut untypisch, mit hochgestellten Kragen herum, dachten wohl noch, ich sehe nicht genau hin, es fällt mir nicht auf.
Doch, tue ich durchaus!
Ist vermutlich nicht weniger peinlich, als wie, bögen gleich die Ermittler mit Handschellen und Haftbefehl um die Ecke.
Meine romantischen, im Kopf entworfenen, Bilder, stehen Ihren galanten Abenteuern da draußen, in nichts nach.
Aber, tun zwei das Gleiche, ist es noch lange nicht dasselbe.
Es war doch hoffentlich keiner unserer Klienten, Frau Reisinger?
Bitte!, Nein!, nicht die Knalltüte aus Zimmer 11?

Schwamm drüber!
Schließlich sitzen wir beide jetzt im gleichen Schlamassel.
Und in Bartholdys Buch ist ein scheitern nicht vorgesehen.
Nach meinem Informanten, lässt sich nach aktueller Sach- und Aktenlage über unsere Verfehlungen kein Heftpflaster mehr kleben.
Der Ärzteverband steht unter Druck und die obersten Behörden wollen Köpfe rollen sehen.
Armer Clemens! Er war nur der Anfang...
Sie, Sonja, möchte man dazu gewinnen, gegen mich auszusagen. Es erwartet Sie ein Strafnachlass, vielleicht sichert der Staatsanwalt Ihnen sogar völlige Straffreiheit zu.
Meine medizinische Karriere ist wohl schneller am Ende, als mir lieb ist.
Und Onkel Otto, der alte Gesinnungs-Pathologe und Besserwisser wird mich und meine Geschichte mit dem Vorteil der zurückschauenden Weisheit genüsslich sezieren.
Mutter hätte gesagt, Bub, ich seh´s kommen...
Wenn Sie nicht mit mir verschwinden wollen, Frau Reisinger, dann werde ich alsbald alleine türmen müssen.
Im Internet fand ich eine tolle Job-Alternative zur Ausschreibung.
Sogar mit Auslandsaufenthalt.
Ein kleiner provinzieller Zirkus in Belgien sucht eine lebende/menschliche Kanonenkugel.
Sie versprechen, denjenigen in ein Tauchbad, gefüllt mit flüssiger Schokolade, zu schießen und folglich aufzufangen.
Zwar mit geringer Verdiensteinbuße, jedoch Kost und Logis frei!
Für 2015 ist sogar noch eine große Tournee durch Russland geplant.
Damit entziehe ich mich endgültig jeglichen Zugriff durch die Justiz.
Meinen Sie, dies wäre etwas für mich, Sonja?
Bin ich endlich fokussiert genug oder schramme ich wieder schmerzhaft an der Wirklichkeit vorbei?

Dr. Typhus! Oberrohr, Wurstbrote mit Senf, Romantik und Watschen? Euphorie - schön und gut; aber sie muss in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Ich habe den Hormonrausch des vergangenen Wochenendes auch nicht ausgelebt und bin nicht auf rosa Wolken entschwebt. Ohrfeigen könnte ich mich dafür! Stattdessen entwerfe ich schlüssige Lebensläufe. Fokussieren Sie, Typhus! Dann würde Ihnen nicht so ein Mist einfallen! Wie alleinstehend ich augenblicklich bin, ist absolut unwichtig. Ich habe jetzt keine Zeit für Inventur! Fragen Sie mich Jahresende nochmal ... Thüringen gefällt mir übrigens immer besser! Bitte keine Fahrräder oder Opel Blitze mehr ... Auch keine Tournee. Hier haben Sie zwei Euro. Kaufen Sie sich davon einen Wunderbaum für Ihren Spind! Steht denn eigentlich nichts in der Bartholdy-Bibel darüber, was zu tun ist, wenn man mit der Hochstapelei mal in's Straucheln gerät? Wir brauchen so eine Art Erste-Hilfe-Anleitung. Was gibt es denn jetzt Neues von den Ermittlern? Kommen die gleich mit den Handschellen um die Ecke? Das nenne ich dann peinlich.

Sie täuschen sich, Frau Kollegin! Mein Überschwang beruhte einzig auf die Tatsache, einer gemeinsamen Flucht. Stellen Sie sich nur mal sinnbildlich dieses romantische Bild vor: Wir beide entkommen gemeinsam unseren Häschern auf meinem Rad. Zwischen dem Lenker und Dr. Typhus, grazil auf dem Oberrohr sitzend, helfen Sie mir beim Navigieren. MITGEFANGEN, MITGEHANGEN. Einer für alle...bla...blabla...bla...solidarisch...bla...bla
Zwei teilen das gleiche Los! Dies und die damit verbundene Ausschüttung meiner Hormone stimmte mich so euphorisch.
Es macht mich an! Ein rein körpereigener Kick. Kein Missbrauch irgendwelcher Substanzen/Mittel. Ich nasche nicht vom Kuchen!
Einleuchtend?!
Und ich weiß nicht, was Freud, aähmm...Ihr Freund dazu sagen würde. Ich dachte bis jetzt, Sie wären alleinstehend und nur sich selbst gegenüber verantwortlich, Sonja. Es wäre schade, müsste ich mich zurückziehen!
Aber noch etwas anderes soll auch gesagt sein. Ich ärgere mich über Ihr gedankenloses und egoistisches Verhalten!
Jawohl!
Sie waren längere Zeit abwesend. Darüber könnte ich ja noch großzügig hinwegsehen aber, mussten Sie zuvor noch unbedingt Ihr Vorhängeschloss an meinem Spind hängen? Es liegen immer noch zwei Stullen darin, schön dick mit Dosenfleisch belegt und Mostrich bestrichen. Sie können sich sicherlich denken, welche Auswirkungen die heißen Temperaturen der letzten Tage darauf hatten.
Nein?
Besser nicht! - Ich möchte es mir jedenfalls nicht vorstellen müssen!
Der Gestank von sich zersetzenden Eiweiß kommt immer intensiver aus dem Schrank. Und ich schäme mich, für eine plausible Erklärung den Kollegen gegenüber. Jetzt bin ich nicht nur wunderlich, sondern auch noch peinlich.
Vielen Dank, Frau Reisinger! Fühlen Sie sich im Geiste abgewatscht!
Lassen Sie uns endlich Ihre Personalakte holen und über ein weiteres Vorgehen beraten...

Ich konnte überdies eine undichte Stelle bei den ermittelnden Behörden anbohren...

Entschuldigen Sie, bitte! Ich war kurz abwesend. Einige Tage vermutlich. Ich leide unter Absencen Epilepsie ... und deswegen darf ich eigentlich auch nicht Fahrradfahren. Sehr nett ... der Vorschlag, auf Ihrem "Oberrohr" mitfahren zu dürfen. Was wohl Freud ... naja, egal! Montieren Sie eigentlich eine Anhängerkupplung an Ihr klappriges Damenrad? Wegen der Wurstbude? Sie haben sich viel vorgenommen! Wie dezent Ihr Fluchtplan! Ich bin noch etwas verwirrt: Bartholdy ist Ihr Mentor? Broder Ihr Kumpel? Als Ihre Komplizin fühle ich mich nicht so gut aufgehoben in diesem illustren Reigen! Der Sperrmüll wurde schon abgeholt - das sehe ich gerade. Der Spind ist hoffentlich noch da. Lassen Sie ihn mich aufschließen und meine falschen Zeugnisse holen. Ich werde mich in einem anderen Haus damit bewerben. Ehrlich gesagt rate ich Ihnen das auch. Sie waren ja so euphorisch! Das sieht mir schwer nach einem Substanzen Abusus aus. Sagen Sie mir, wenn ich mich täusche. Wie wollen Sie den denn in der Grillbude bewerkstelligen? Schon mal darüber nachgedacht? Ich war lange weg: ich muss erstmal trinken und essen. Eine Dusche wäre nicht schlecht. Dr. Typhus, Sie sind ein wunderlicher Mensch ... irgendwie sehe ich schon den Schriftzug an dem nicht verkehrstüchtigen Gespann: Sonderlings (& friends') original gefälschte thüringische Wunder-Wurst ....!

IM (Innerer Monolog):

Schiet!!!
Schon der 3. Spätdienst in Folge nach dem letzten Zusammentreffen mit meiner Kollegin, und Sie meldet sich nicht mehr.
Ich war mir sicher, wir hatten eine unausgesprochene Übereinkunft, nach dem sukzessiven Aufdecken krimineller Machenschaften in der Abteilung, von hier zu türmen. Polizei und Staatsanwaltschaft gingen bereits seit Tagen ein und aus. Noch hatten sie uns aber nicht am Wickel. Bis auf eine einzelne Aussage meinerseits, blieben wir beide unbehelligt. Das würde sich auch noch recht schnell ändern.
Alternativ erwartete uns ein vielversprechender, zweiter Aufstieg in der Lebensmittelbranche. Zurück also in mein altes Leben. Aber dort könnten wir auch gut tricksen... Wir müssten nur beherzt zugreifen und unsere morbiden Karrieren in der Psychiatrie endgültig abstreifen. Mein postemotionaler Traum von der rollenden Imbissbude, Film-Catering am Set und eine Art "Deutschlandsafari" mit meinem Freund Henryk, ich wollte Sonja mehr davon erzählen.
Und natürlich von Onkel Otto...
Und jetzt diese Totenstille...
Erdrückendes Beweismaterial liegt in meinem Spind und ich komme nicht ´mal ran.
Der Sperrmüll an der Strasse wurde auch abgeholt.
Alleine hätte ich den Schrank sowieso niemals dorthin schleifen können.
Warum meldet Sie sich nicht, Migräne?
Zieht Sie sich zurück, ist sich jeder selbst der Nächste?
Ich möchte glauben, Frau Reisinger empfand meinen Vorschlag, uns mit den Rädern aus dem Staub zu machen, als sehr unprofessionell.
Schade eigentlich...!
Schiet!!!